Den Mann erkennst du bei der Jagd
Neubuch
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Interessantes von Neumann-Neudamm GmbH
Details zum Buch
Beschreibung
Leseprobe: Nach einem furchtbar verpatzten und deshalb vorzeitig abgebrochenen Ostsee-Urlaub saß ich im Zug von Stralsund in Richtung ersehnter Heimat. Am Zeitungsstand in der Bahnhofshalle hatte ich, quasi als ersten Trost, eine Jagdzeitschrift erstanden. Ein Ehepaar reiferen Jahrganges entschied sich ebenfalls für dieses Abteil. Ich half beim Verstauen von Koffern und Taschen. Dann, auf freier Strecke, zog die mir viele Jahre später tief ins Jägerherz Einzug haltende Landschaft Mecklenburgs vorüber. Sommerruhe lag über abgeernteten Feldern. So weit man blicken konnte, von der Sonne vergoldete Weizen- und Roggen- stoppel, über deren Weiten die Luft flimmerte. Schließlich hielt ich die Fachzeitschrift vors Gesicht und verriet dadurch dem Mann gegenüber meine Interessen. Als ich wieder einmal über den Zeitungsrand blickte, sprach der mich an. Ob ich aktiv mit der Jagd zu tun hätte, wollte er wissen. Damals, um die siebzehn Lenze jung, war ich doch schon in eine Jagdgesellschaft integriert. Das schien den Frager zu freuen und wir kamen ins Gespräch. Er betrieb im Gebirge eine große Bäckerei. Die Jahre, welche zwischen unserer damaligen herzlichen Begegnung und meinem derzeitigen Erinnern über das Erzgebirge zogen, lassen mich lediglich annehmen, dass diese sich in Annaberg befand. Der nette Herr war bereits seit Jahrzehnten Jäger. Sein Familienname blieb mir wegen einer lustigen Konstellation fest im Gedächtnis. Der Mann hieß nämlich Wild. Als er mir dann noch offenbarte, dass sein Weidwerk auch Rotwild einschloss, war mein Interesse an der Zeitschrift für lange verflogen. Dann gab er mir noch etwas mit auf den Weg. Soll die Jagd dich in Zukunft nicht zu sehr enttäuschen, musst du noch eines wissen, junger Freund. Nirgendwo gibt es mehr Egoismus, ja, Niedertracht, Hinterlist und vor allem Neid, als unter Jägern. Diese Offenbarung hat mich damals sehr irritiert, in mir geradezu seelischen Widerstreit ausgelöst, konnte den Mythos des edlen Jägerlebens mit Kameraden, die einer für alle und alle für einen einstehen, damals aber noch nicht erschüttern. Denn in den schneereichen und frostharten Wintermonaten beschickte ich zuverlässig täglich die mir anvertraute und zusätzlich die Fütterungen der Jagdschei- ninhaber, welche sich, zum Ärger des Jagdleiters, nur hin und wieder samstags in den Tiefschnee wagten. Zudem legte ich Lockfütterungen an. Wenn sich dann das damals bei uns noch rare Schwar- zwild einstellte, brauchte sich mancher nur noch anzusetzen. Das Wild wurde angebunden, wie der Jäger sagt. Ort und Zeitpunkt des Erscheinens manch altheimlichen Rehbockes erkundete ich für jene, deren Zeit hierzu viel zu bemessen war, wie sie mir sagten. Bau und Instandhaltung jagdlicher Einrich- tungen waren mir Selbstverständlichkeit. Hundeführer konnten beruhigt verreisen. Ihre Vierbeiner waren bei mir in guter Obhut. Sollte mir jemals einer dieser Männer mit Niedertracht oder Neid begegnen? Unvorstellbar! Man konnte nicht wissen, ob sich jemand der Fremden, die sich zeitweise mit im Zugabteil aufhielten, dafür interessierte, was sich da über Jagdverhältnisse erzählt wurde. Denn zur Jagd gehört das Führen von Schusswaffen - in der DDR ein höchst sensibles Thema.
Verlag:
ISBN:
9783788820169
3788820160
Erscheinungsdatum:
20.12.2021
Bindung:
Hardcover, Gebunden
Hersteller:
Verlag Neumann Neudamm
Unter dem Schöneberg 1
34212 Melsungen
Deutschland
E-Mail: info@neumann-neudamm.de
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